Wiener Wappen

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Eng an das historische Vorbild des Wappenbriefs angelehnt, entstand um 1870 erstmals eine verbindliche Version des Wiener Wappens. Die Stadt wollte nicht nur die heraldische Form regeln, sondern auch die konkrete graphische Gestaltung. Vorlageblatt, um 1890.
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Datum vonDatum (oder Jahr) von 1278 JL
Datum bisDatum (oder Jahr) bis
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RessourceUrsprüngliche Ressource  Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 13.09.2024 durch WIEN1.lanm08trj
BildnameName des Bildes Wappen 1890.jpg
BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Eng an das historische Vorbild des Wappenbriefs angelehnt, entstand um 1870 erstmals eine verbindliche Version des Wiener Wappens. Die Stadt wollte nicht nur die heraldische Form regeln, sondern auch die konkrete graphische Gestaltung. Vorlageblatt, um 1890.

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Städtewappen kommen in Europa im 12. Jahrhundert auf. Als Vorbilder dienten oftmals Siegel, wobei Siegelbild und Wappen grundsätzlich zu unterscheiden sind. Das Siegel diente als Beglaubigungszeichen, das aus dem militärischen Zusammenhang kommende Wappen hingegen war das eigentliche Hoheitszeichen. Das Siegelbild musste nicht zwangsläufig dem Wappen entsprechen. Im Gegensatz zum Siegel hatte das Wappen auch nicht auswechselbare Farben zur individuellen Kennzeichnung. Wien hat für sein erstes Stadtsiegel das Wappen bzw. Siegel des Stadtherrn übernommen, nämlich den babenbergischen Adler. Die Siegelführung dürfte im Kontext der Stadtrechtsverleihung von 1221 zu sehen sein. Eine Übernahme des stadtherrlichen Wappens als Wappenbild spielt in vielen Städten eine Rolle. Daneben sind häufig Heiligenbilder (Stadtpatron oder dessen Zeichen), sprechende Bilder (zum Beispiel Turm für Tours) oder auch für eine Stadt charakteristische Bauwerke (etwa ein Stadttor) verbreitet. Hat die Stadt Wien den Adler auch in ihrem Siegel geführt, ist es wahrscheinlich nicht als ihr Wappenbild anzusprechen. Es gibt nämlich keine Belege dafür, dass die Stadt ein Adlerwappen verwendet hätte. Einzig im Wappenbrief 1461 ist davon die Rede, dass die Stadt bis dahin den einköpfigen Adler als Wappen geführt hätte. Dies ist möglicherweise nur auf den besonderen Entstehungskontext der Urkunde zurückzuführen.[1]

Erste Nachweise des Wiener Kreuzwappens

Das eigentliche Wiener Wappen – also der Kreuzschild – lässt sich ab circa 1278 fassen und gehört damit zu den ältesten von Siegelbildern unabhängigen Stadtwappen.[2] Ein eigenes Wiener Kommunalwappen kann als Ausdruck der starken politischen Stellung gesehen werden, die die Stadt Wien im Zuge des Interregnums und der Machtkämpfe zwischen Ottokar II. Přemysl und Rudolf I. von Habsburg erlangte. Dies gilt übrigens auch für das Amt des Bürgermeisters, das in Wien erstmals 1282 nachweisbar ist. Der älteste Beleg für die Verwendungs des Wiener Kreuzschilds, den ein bis zum Schildrand reichendes Balkenkreuz ziert, ist ein Wiener Pfennig, der in diese Zeit datiert werden kann.[3] Dem babenbergischen Adler auf die Brust gelegt finden wir es 1327 als Siegelbild des kleinen Wiener Stadtsiegels. Den zeitlich nächsten Nachweis[4] bietet eine 1388 datierte Bauinschrift zur Fertigstellung eines städtischen Hauptkanals. Die mit dem Wiener Kreuzschild verzierte Tafel ist zwar nicht mehr im Original erhalten, aber ihr Aussehen dokumentiert. Die erste farbige Abbildung des silbernen Kreuzes auf rotem Grund findet sich auf Blatt 188 des Hauptbands der Bruderschaftsbücher von St. Christoph am Arlberg, das heute im Haus-, Hof- und Staatsarchiv verwahrt wird und auf 1395/1400 zu datieren ist.[5]

Herkunft des Kreuzwappens

Älteste bekannte farbige Darstellung des Kreuzschilds, um 1395/1400. Rechts das Wappen von Barbara Zink, Gattin des Wiener Bürgers Hans Zink. Aus dem Bruderschaftsbuch von St. Christoph am Arlberg.

Kreuze kommen häufig in Stadtwappen vor, insbesondere in Städten mit Bischöfen als Stadtherren. Da dies für Wien nicht zutrifft, wurde die Möglichkeit in Erwägung gezogen, dass das Wappen von der ab der Regentschaft Heinrichs VI. (1169-1197) bekannten Reichssturmfahne herstamme. Wien könnte das Bild in der Zeit als Reichsstadt bald nach 1278 in ihren Schild aufgenommen haben und danach behalten haben.[6] Kreuzschilde dieser Farbgebung, die man auf die Reichssturmfahne zurückführt, finden sich jedenfalls gehäuft an den Rändern des Reichs und begegnen in Dänemark, der Schweiz und Savoyen. Eine eingehende Vergleichsstudie zu städtischen Kreuzwappen bleibt ein Desiderat. Erst sie wird möglicherweise Licht in die Herkunft bringen.

Das Wiener Stadtwappen im Mittelalter

Wappenbesserung 1461 – Das Doppeladlerwappen

Friedrich III. verlieh Wien 1461 ein Doppeladlerwappen. Ausschnitt aus dem Wappenbrief.
Typar des Großen Stadtsiegels, 1464/1466

Der Wappenbrief von 1461 stellt eine Zäsur in der Geschichte des Wiener Wappens dar. Hintergrund der Wappenbesserung war ein habsburgischer Erbstreit, konkret zwischen Friedrich III. und seinem Bruder Albrecht VI. um die Herrschaft in Niederösterreich, welcher auch einen mehrjährigen Kampf um die Stadtherrschaft nach sich zog. Um die Wiener auf seine Seite zu ziehen, gestand Friedrich III. der Stadt eine Wappenbesserung zu. Hinkünftig hatten die Wiener das Recht, einen goldenen Doppeladler auf schwarzem Grund zu führen, wobei der Doppeladler zwei Nimben (Heiligenscheine) aufzuweisen hatte. Zudem sollte er eine Kaiserkrone tragen, die aus einem Kronreif mit Bügel bestand, in den eine Mitra hineingeschoben ist. Die Mitra ist mit zwei Bändern versehen. Da die Kenntnis über den Aufbau der Kaiserkrone nicht immer verbreitet war, haben ausführende Künstler in den folgenden Jahrhunderten einzelne Teile der Krone unterschiedlich interpretiert. Dies war wohl auch dadurch bedingt, dass die Kaiserkrone im Wappenbrief nicht frontal, sondern schräg gestellt ist.

Offenbar wurde in der Wappenbesserung aber vermieden, den Doppeladler als solchen des Kaisers zu bezeichnen. Seine farbliche Ausführung erfolgte ja auch verwechselt ('in verwechselten Farben') zu dem des Kaisers, also der Adler in Gold auf schwarzem Grund. Mit dem Recht, den Doppeladler im Wappen führen zu dürfen, wurde Wien jedenfalls aus den übrigen österreichischen Städten herausgehoben. Darüber hinaus wird im Wappenbrief dem Bürgermeister und Rat in allen Zuschriften die Anrede „ehrsame, weise, besonders liebe und getreue“ zugestanden. Die Wiener zahlten für die Wappenbesserung anscheinend nichts. Die Oberkammeramtsrechnung von 1461 weist keinen diesbezüglichen Titel aus. Die zeitnahe Eintragung des Vorgangs ins städtische Privilegien- und Freiheitenbuch, das sogenannte Eisenbuch, weist auf die Bedeutung der Besserung für die Stadt hin. Als sich die Wiener kurzzeitig mit Kaiser Friedrich überwarfen und ihn im Herbst 1462 sogar in der Hofburg belagerten, übertrug er neben anderen Privilegien auch das Recht, den goldenen Doppeladler im Wappen zu führen, auf die Stadt Krems.[7] Nach dem Tod Albrechts VI. kam es zur Aussöhnung zwischen dem Kaiser und Wien, das seine Privilegien wieder zurück erhielt.[8]

Offizielle Varianten des Doppeladlerwappens bis 1925

Doppeladlerwappen und Kreuzschild

Die beiden Wiener Wappen auf einer in Rom ausgestellten Ablassurkunde für die Erasmuskapelle, 1513
Das Wiener Wappen im Wappenbuch, 1627
Stadtwappen über dem westlichen (linken) Portal des Alten Rathauses, 1699/1706. Die Kaiserkrone, die im eigentlich im Wappenbild enthalten sein sollte, ist hier als Bekrönung verwendet.

Das städtische Kreuzwappen wurde im Wappenbrief 1461 mit keinem Wort erwähnt. Im Wappengebrauch setzte sich eine Kombination beider Wappen durch, die verschiedene Formen annehmen konnte. Einerseits wollte man auf das althergebrachte Kreuzwappen nicht verzichten, andererseits konnte man sich von anderen Städten mit ähnlichen Wappen unterscheiden, den Friedrich III. hatte sowohl Wiener Neustadt (1452) als auch Krems (1462) Doppeladlerwappen verliehen. Richtungsweisend für die Form der Kombination von Kreuzschild und Doppeladler wurde das Typar, welches die Stadt 1466 für ihr Siegel anfertigen ließ.[9] Das von Friedrich III. verliehene Wappen wurde hier in der Form abgewandelt, dass dem Doppeladler der Kreuzschild auf die Brust gelegt wurde. Hier spielte das Vorbild des 1327 erstmals nachweisbaren kleinen Wiener Stadtsiegels eine Rolle, in dem der Kreuzschild dem einköpfigen Adler auf die Brust gelegt wurde. Im Folgenden soll ein Überblick über die verschiedenen Kombinationen und Varianten im Gebrauch des Wiener Wappens gegeben werden:

  • Die Zusammenziehung, wie sie am Stadtsiegel 1464/1466 vollführt wurde, wurde in allen allen späteren Typaren übernommen (bis zum Wappengesetz 1925). Sie begegnet seit dem 16. Jahrhundert beispielsweise auf einer Wappenscheibe aus der Rats- oder Bürgerstube des Alten Rathauses (1571), im Plan von Augustin Hirschvogel aus 1547, ebenso bei Braun-Hogenberg (1572). Besonders prachtvoll ausgeführt bzw. inszeniert ist die Kombination im Wappenbuch der Stadt Wien aus dem Jahr 1627. Auf der Fassade des (Alten) Rathauses in der Wipplingerstraße wurde sie über beiden Portalen angebracht (1706 beziehungsweise 1781), wobei die Kaiserkrone nicht im Wappen, sondern darüber dargestellt ist.[10] Das Wappen am Bürgerlichen Zeughaus am Platz Am Hof (1731/1732) führt den Doppeladler nicht im Wappen, sondern benutzt ihn als Schildhalter.[11]
  • Ebenfalls sehr zeitnah zum Wappenbrief ist die Variante festzustellen, beide Wappen nebeneinander darzustellen. Die um 1464/1467 entstandene Genanntentafel zieren beide Wappenschilde.[12] 1465 gab der Stadtrat eine große Seidenfahne für die Bürgerwehr beim Maler Hans Kaschauer in Auftrag. Kaschauer unterteilte die annähernd quadratische Fahne in vier Felder, von denen zwei diagonal zusammengehörende den goldenen Doppeladler auf schwarzem Grund zeigten und die anderen in Rot ein weißes Kreuz enthielten. Die heute im Wien Museum verwahrte Fahne verdeutlicht so die Zweiheit des städtischen Wappens bzw. der Symbolik. Das Heilthumbuch (1502) zeigt die beiden ebenso getrennt wie eine in Rom 1513 ausgestellte Ablassurkunde.[13] Am 1511 neu erbauten Roten Turms wurden sie unter drei Wappen von Maximilian I. dargestellt. Im 18. Jahrhunders fungierte ein Wappenengel bei einigen städtischen Gebäuden als Schildhalter von zwei Schilden, so etwa im Hof des Alten Rathauses (1725, siehe Andromedabrunnen), an der Salzgrieskaserne (1745/1748),[14] dem Benefiziatenhaus in der Himmelpfortgasse (1753)[15] und an der Goldenen Gans in der Rotenturmstraße (um 1781).
  • Das Nebeneinander der beiden kam aber auch in der Form vor, dass der erste Schild den Doppeladler mit aufgelegtem Kreuzschild zeigte, der zweite das Kreuz alleine. Augustin Hirschvogel hat viele Harnischbruststücke für das Bürgerliche Zeughaus in dieser Kombination geätzt, die auf einem Paar Glasfenster in der Ratsstube des (Alten) Rathauses (1571) ebenso zu finden war wie auf der für die Stadt geprägten Salvatormedaille, die bis ins 18. Jahrhundert so geprägt wurde.
  • Die Stadtansichten von Meldeman (1529/30) und Hoefnagel (1609) sowie der 1. Etat jener von Alten Allen (1683/1686) zeigen lediglich den „Wiener Schild“, also den Kreuzschild.

Beispiele für die unterschiedlichen Varianten im Gebrauch des Stadtwappens ab 1461

Forschungen und erste Normierung im 19. Jahrhundert

Beilage zu einem städtischen Gutachten von Mathias Hochleitner zur Herkunft des Stadtwappens. Dabei wurden die Wiener Stadtsiegel (Nummern 1 und 7) und der Wappenbrief (Nummer 8) berücksichtigt, 1805.

Als 1804 das Kaisertum Österreich begründet wurde, hat sich die Frage gestellt, ob das Stadtwappen angepasst werden müsste. Bürgermeister Stephan Wohlleben, der selbst 1801 mit dem Adelsstand ein Wappen verliehen bekommen hatte, dessen Gestaltung sehr vom städtischen Wappen inspiriert war, wandte sich mit dieser Frage an den städtischen Archivar Mathias Hochleitner, der ein 1805 Gutachten über die Herkunft des Stadtwappens erstellte. In demselben Jahr erschienen im Patriotischen Tageblatt mehrere Briefe zur Geschichte Wiens,[16] von denen sich drei mit den städtischen Siegeln und Wappen beschäftigten, die wohl auf den Geschichtsforscher Alois Groppenberger von Bergenstamm zurückgingen. Die bei beiden Forschern gängige These war eine Übernahme des Wappens des Landesherrn durch die Stadt. Dies hatte wohl auch einen Hintergrund im zeitgenössischen Patriotismus. Aus diesen Überlegungen heraus entstand wahrscheinlich damals der Entwurf eines Stadtwappens, der nie in Gebrauch kam. Er war stark am kaiserlichen Staatswappen orientiert. Obgleich der Doppeladler mit Zepter, Schwert und Reichsapfel von späteren Heraldikern als der Stadt nicht angemessene Symbole kritisiert wurde, spiegelt er das Selbstverständnis des Magistrats als bürgerliche Behörde, wie er in der Magistratsreform 1783 konstituiert worden war. Der Entwurf bildet vielleicht auch das früheste Zeugnis eines Versuchs, den Gebrauch des Stadtwappens zu normieren.

Der Wappenengel, ein 'falsches' Wiener Wappen

Der Wappenengel vom Alten Rathaus wurde um die Mitte des 19. Jahrhunderts fälschlich als Stadtwappen verwendet. Einband des Ehrenbürgerbuchs nach einem Entwurf von Eduard van der Nüll, 1853/1855.

Als das Taschnerhaus am Lichtensteg 1842 zur Verbreiterung der Straße abgerissen wurde, übertrug man den dort an der Fassade eingemauerten, gotischen Wappenengel auf das (Alte) Rathaus.[17] Das Mitte des 15. Jahrhunderts als Hauszierde angefertigte Allianzwappen, bei dem die Schilde von Land/Landesfürst und Stadt symbolisch mit einer Eisenkette vereinigt wurden, zog rasch große Aufmerksamkeit auf sich. Obwohl Johann Evangelist Schlager, Richter in schweren Polizeiübertretungen beim Wiener Magistrat und Stadthistoriker, der sich als erster intensiv mit der Skulptur beschäftigte, es richtig als Vereinigung der Wappen von Österreich und Wien interpretierte, wurde es von circa 1850 bis 1870 als Stadtwappen verwendet. Auf Heimatscheinen, Bürgerrechtsverleihungen, als Titelvignette städtischer Publikationen, auf Schulen oder den städtischen Kutschen war der Wappenengel ebenso zu finden wie etwa auf den ersten Siegeln der neu formierten Bezirke. Ein besonders prunkvolles Beispiel bietet der 1853/1855 angefertigte silberne Einband des Ehrenbürgerbuchs, auf dem der Wappenengel auf den Doppeladler gelegt wurde. Der sich im Wappenengel vereinigende Patriotismus, die romantische Geschichtsvorstellung und Nostalgie ließen ihn in einer von Umbrüchen geprägten Zeit wahrscheinlich attraktiv erscheinen.

Rückgriff auf den Wappenbrief - Vereinheitlichung des Wappengebrauchs

Das Wiener Stadtwappen in seiner bis 1925 gültigen Form. Abbildung aus Hugo Gerard Ströhls 'Städte-Wappen von Österreich-Ungarn', 1904.

Um 1869 machte der in der Wiener Politik und Verwaltung angesehene städtische Archivar und Bibliothekar Karl Weiß gegen den Wappenengel mobil. Er räumte mit dem fälschlichen Gebrauch als Stadtwappen auf, indem er erfolgreich den mit dem Kreuzschild belegten Doppeladler propagierte, und zwar in einer spezifischen, grafisch dem Vorbild aus dem Wappenbrief eng angelehnten Form. Vorbild war eine 1853 von Albert Camesina angefertigte und publizierte farbige Kopie des 1461 von Kaiser Friedrich III. verliehenen Wappens,[18] allerdings mit auf die Brust gelegtem Kreuzschild. Diese stilgerechte Form des Stadtwappens im Sinne des Historismus löste den aus der Sicht von Karl Weiß in irriger Weise als Stadtwappen verwendeten Wappenengel ab. Im Vergleich zum vorhergehenden Wappengebrauch gab es einen großen Unterschied, denn es versucht, die Form des Wappens zu normieren. Nach Antrag von Karl Weiß beschloss der Gemeinderat 1869 die Herstellung von gedruckten Exemplaren des Stadtwappens, die vor allem der Verteilung in den verschiedenen städtischen Ämtern dienen sollten. Die Vordrucke wurden offenbar gut angenommen, denn auf städtischen Publikationen, Gebäuden und vielem mehr verwendet, prägte es den städtischen Wappengebrauch bis 1925. Als Schildform etablierte sich neben dem Schild mit halbrunder Spitze und geschwungenen Seitenrändern auch eine gotische, zugespitzte Form, wie sie bei der Ausschmückung des Rathauses am Ring 1873 bis 1883 Verwendung fanden.

Das Wiener Stadtwappen im 19. Jahrhundert

Bezirkswappen

Innere StadtJägerzeileLeopoldstadtZwischenbrückenLandstraßeErdbergWeißgerberWiedenSchaumburgergrundHungelbrunnMargaretenNikolsdorfHundsturmLaurenzergrundReinprechtsdorfMatzleinsdorfLaimgrubeWindmühleMagdalenengrundGumpendorfMariahilfNeubauSt. UlrichSchottenfeldAltlerchenfeldSpittelbergJosefstadtStrozzigrundBreitenfeldAlservorstadtLichtentalHimmelpfortgrundThurygrundAlthanRoßauMichelbeuerngrundFavoritenSimmeringKaiserebersdorfGaudenzdorfHetzendorfObermeidlingAltmannsdorfUntermeidlingHietzingPenzingBreitenseeHütteldorfRudolfsheimRustendorfReindorfBraunhirschengrundSechshausFünfhausOttakringNeulerchenfeldHernalsDornbachNeuwaldeggPötzleinsdorfGersthofWeinhausWähringHeiligenstadtNußdorfSalmannsdorfNeustift am WaldeKahlenbergerdorfGrinzingOberdöblingSieveringBrigittenauStroehl 1904 Gesamtwappen.jpg
Über dieses Bild
Hugo Gerard Ströhl legte 1904 ein Gesamtwappen der Stadt Wien vor, in dem er alle von ihm ausgearbeiteten Bezirkswappen vereinte.

1903 beauftragte der Stadtrat den renommierten Heraldiker Hugo Gerard Ströhl mit der Anfertigung von Bezirkswappen. Die Idee kam im Zuge der Ausschmückung der Lainzer Versorgungsheimkirche auf, wohl auch unter Beteiligung von Jakob Dont, in dessen Obhut die Organisation des Baues des gesamten, 1904 eröffneten Versorgungsheims lag. Ströhl hat nicht nur die ersten Bezirkswappen vorgelegt, sondern diese zu einem großen ‚Gesamtwappen‘ zusammengefasst, mit dem Doppeladlerwappen als Brustschild. In seiner Publikation der Städtewappen Österreich-Ungarns hat er nicht nur dieses Gesamtwappen publiziert, sondern auch eine mustergültige Fassung des damals aktuellen Stadtwappens. Den Rang der Reichshaupt- und Residenzstadt hat Ströhl darin besonders hervorgestrichen. Sind die Städte der Doppelmonarchie nach ihren Kronländern zu mehrt mit ihren Wappen auf den Tafeln zusammengefasst, hat Wien gleich zwei eigene Tafeln.[19]

Allegorie der Vindobona vor dem Stadtwappen. Aus dem Ehrenbürgerbrief für Richard Graf Bienerth-Schmerling, 1916.

Die Rückkehr des einköpfigen Adlers

Als nach dem Zusammenbruch der Monarchie der Doppeladler im Wiener Stadtwappen nicht mehr zeitgemäß war, griff man auf das Kleine Stadtsiegel aus dem 14. Jahrhundert zurück. Entwurf zum neuen Stadtwappen, 1924/1925.

Die Republik ersetzte den Doppeladler bereits 1919 durch einen einköpfigen Adler. In der nunmehrigen Bundeshauptstadt stellte sich die Wappenfrage erst Jahre später. Sie entzündete sich an einem Abzeichen, welches von Flurhütern am Stadtrand nach wie vor getragen wurde. Dieses wies neben dem niederösterreichische Landeswappen den Doppeladler mit Szepter, Reichsapfel und Ordenskette auf. Nun war Wien seit dem 1. Jänner 1922 ein eigenes Bundesland geworden. Das niederösterreichische Hoheitszeichen hatte folglich keine Berechtigung mehr. Daraufhin holte die Magistratsdirektion beim Archiv der Stadt Wien ein Gutachten über die Neugestaltung der Dienstabzeichen ein. Archivdirektor Stowasser hielt fest: „Am besten eignete sich meines Erachtens für ein neues Wappenschild das … älteste nachweisbare Wappen Wiens. Es zeigt einen einköpfigen Adler, der im Herzschild das weiße Kreuz im roten Felde trägt.“[20] Dieser Vorschlag für ein neues Wappen fand Zustimmung in der Stadtregierung. Am 13. Februar 1925 wurde das Wappengesetz im Landtag beschlossen.[21] Das Wappen zeigte ein weißes Balkenkreuz auf rotem Grund. Das Siegelbild zierte ein erweitertes Wappen: hier war der Kreuzschild einem einköpfigen Adler auf die Brust gelegt. Die im Gesetz beschlossenen Wappen und Siegel waren gleichermaßen Symbole der Stadt als auch des Landes Wien.

Intermezzo des Doppeladlers

Das Dollfuß-Schuschnigg-Regime griff für das Wappen der Stadt Wien - wie auch für das Bundeswappen - auf die Monarchie zurück. Der Bundeskommissär erließ am 15. Februar 1934 eine Verordnung, durch welche ein „großes“ und ein „kleines „Wappen“ eingeführt wurden.[22] Das erstere zeigte einen gekrönten Doppeladler auf schwarzem Grund und führte zudem den Kreuzschild auf der Brust, das zweite den Kreuzschild allein.

In der NS-Zeit modifizierte man das Doppeladlerwappen. Vizebürgermeister Hanns Blaschke veranlasste als Beigeordneter für kulturelle Angelegenheiten, dass die bisherige Krone gemäß Wappenbrief durch eine Nachzeichnung der ottonischen Reichskrone ersetzt wurde. Dies sollte wohl die neue Zugehörigkeit zum Deutschen Reich ausdrücken, denn dieses hatte bis 1918 ebenfalls eine an die Reichskrone angelehnte Krone im Wappen geführt.[23] Die Konturen des Adlers wurden vergröbert. Das kleine Wappen sollte wieder verschwinden. Das Amtsblatt der Stadt Wien beließ vorläufig den einfachen Kreuzschild auf der Titelseite und verwendete erst ab 20. April 1939 das neue Stadtwappen.

Das moderne Wiener Wappen

Der Wiener Landtag beschloss in seiner Sitzung vom 14. Februar 1946, den Zustand von 1925 unverändert wieder herzustellen.[24] Zuvor hatte Archivdirektor Rudolf Geyer beim amtsführenden Stadtrat Josef Afritsch versucht, über eine Intervention ein „größeres“ und ein „kleineres“ Stadtwappen gesetzlich festzulegen. Ersteres sollte einen einköpfigen Adler in schwarzem Schild und den Kreuzschild auf der Brust zeigen, zweiteres nur den Kreuzschild. Dieser Vorschlag fand aber offenbar keine Zustimmung. Der einköpfige Adler fungiert seither wieder als Wappenhalter.

Aktuelles Wappengesetz

Im April 2019 hat die Stadt Wien ihr neues Markenkonzept vorgestellt. Das Stadtwappen ist wesentlicher Teil des neuen Logos.

Am 21. Oktober 1997 hat Wien ein neues Gesetz über seine Symbole beschlossen, das erstmals auch eine Regelung der Landesflagge und der Landesfarben enthielt.[25] Die 1925 geregelten Wappen und Siegel wurden grafisch modernisiert und um eine Fassung des Wappens erweitert, bei welcher der Adler als Wappenhalter des Kreuzschildes fungiert. Diese Form des Wappens ist nur den Organen der Stadt Wien zu führen erlaubt. Die Stadt Wien nutzt ihr Wappen heute in vielfachen Zusammenhängen. 2019 wurde der Kreuzschild ein zentrales Element ihres neuen Logos und des damit verbundenen Markendesigns.[26]

Offizielle Wiener Wappen seit 1925

Stadtwappen und lokale heraldische Symbole Wiens

Bilder

… weitere Ergebnisse

Siehe auch:

Literatur

  • Manuel Swatek: Zeichen der Stadt. Beiträge zur Geschichte der Wiener Wappen und Symbole. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 76 (2020), S. 233-268
  • Peter Csendes / Wolfgang Mayer: Wappen und Siegel der Stadt Wien. In: Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 41 (1986), Beiheft 1
  • Hanns Jäger-Sunstenau: 500 Jahre Wappenbrief für die Stadt Wien. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 17/18 (1961/62), S. 53-85
  • Katalog zur Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien. Wien. Band 15, S. 19 ff.
  • Rudolf Geyer: Siegel und Wappen der Stadt Wien. In: Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1 (1946), Nummer 2, S. 1-14
  • Eduard Gaston Graf Pettenegg: Geschichte des Wappens der Stadt Wien. In: Geschichte der Stadt Wien. Hg. vom Altertumsverein zu Wien. Wien: Holzhausen 2/1 (1900), S. 1 ff.
  • Karl Weiß: Das Wappen der Stadt Wien. In: Ders. (Hg.), Geschichtsquellen der Stadt Wien, 1. Abteilung, Wien 1879, S. 315-320
  • Karl Lind: Beiträge zur Kunde der älteren Gemeinde-Siegel und Wappen in Nieder-Oesterreich. Mit einem Anhang über die Siegel kirchlicher und weltlicher Cooperationen. In: Berichte und Mittheilungen des Alterthums-Vereines zu Wien 15 (1875), S. 1-46
  • Karl Lind: Das Wappen der Stadt Wien. Ein Versuch, Wien: Carl Gerold’s Sohn 1866
  • Karl Lind: Das Wappen der Stadt Wien. In: Mittheilungen der k.k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale 11 (1866), XI–XVI
  • Alfred Grenser: Das Wappen der Stadt Wien, seine Entstehung und Geschichte, Wien: Commissionsverlag Karl Czermak 1866

Einzelnachweise

  1. Vgl. Hanns Jäger-Sunstenau: 500 Jahre Wappenbrief für die Stadt Wien. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 17/18 (1961/62), S. 53-85, hier 53 und 63.
  2. Jäger-Sunstenau, Wappenbrief, S. 70
  3. Auf dem Pfennig sind zwei österreichischen Bindenschilde und zwei Wiener Kreuzschilde in kreuzförmiger Anordnung abgebildet. Zur Datierung auf das Jahr 1280 vgl. Bernhard Koch: Zur Chronologie österreichischer Pfennige aus der Zeit Rudolfs von Habsburg. In: Mitteilungen der österreichischen numismatischen Gesellschaft 8 (1952), S. 126 ff., hier 129; vgl. auch: Wolfgang Hahn: Die Bilderwelt des klassischen Wiener Pfennigs. Ein Typenatlas für die Zeitspanne von 1189-1388. Teil 6B: Wappenschilde, Helme und diverse Objekte. In: money trend 40, Heft 12 (2008), S. 145.
  4. Der von Jäger-Sunstenau um 1380 datierten Wiener Wappenschild am Südturm des Stephansdoms wird hier nicht in Betracht gezogen. Das Stadtwappen, das dort unter den Wappen der habsburgischen Länder auftritt, ist wohl erst viel später entstanden.
  5. Haus-, Hof- und Staatsarchiv, HS W 242, fol. 188; vgl. auch: Eva Katharin Ledel: Die Wiener Handschrift des Wappenbuchs von Sankt Christoph auf dem Arlberg. Diss., Wien 2017
  6. Jäger-Sunstenau, Wappenbrief, S. 72
  7. Vgl. Stadtarchiv Krems, Urkunde 395 vom 1. April 1463.
  8. Dazu wurden keine Urkunden ausgestellt. Die Versöhnung erfolgte wohl bereits 1464, denn dieses Jahr trägt das damals neu angefertigte Große Stadtsiegel in der Umschrift. Am 25. April 1465 fand zum Zeichen der vollständigen Aussöhnung ein feierlicher Empfang der Wiener bei Friedrich III. statt.
  9. In der Umschrift das Jahr 1464 ausgewiesen. In diesem Jahr erfolgte die Aussöhnung mit Kaiser Firedrich III. und die WIedererlangung der zuvor verlorenen Privilegien. Die Abrechnung der Anfertigung des Typars erfolgte 1466, vgl. Wiener Stadtsiegel. Dieses Siegel blieb bis zur Magistratsreform 1783 in Verwendung.
  10. Die Krone ist in dieser Form heraldisch als Rangkrone aufzufassen, wie das für Herrscher- und Länderwappen üblich, für ein Stadtwappen aber unpassend ist.
  11. Ursprünglich hielt der Doppeladler die kaiserlichen Insignien in seinen Klauen, was für den städtischen Wappengebrauch nicht üblich war.
  12. Die im Wien Museum verwahrten, früher auch als „Ratstafel“ oder „Weingartentafeln“ bezeichnete Genanntentafel wurde früher in das Jahr 1475 datiert.
  13. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Hauptarchiv-Urkunden, U1: 6015
  14. Der Engel wurde nach Demolierung des Gebäudes 1880 am Unterkammeramtsgebäude (Am Hof 9) angebracht.
  15. Der Doppeladler hält hier wohl fälschlich die kaiserlichen Insignien, nämlich Schwert und Szepter, in seinen Klauen.
  16. Patriotisches Tageblatt oder öffentliches Korrespondenz- und Anzeige-Blatt für sämmtliche Bewohner aller kais. kön. Erbländer über wichtige, interessirende, lehrreiche oder vergnügende Gegenstände zur Beförderung des Patriotismus, Brünn 1805, Nr. 79 vom 29. Juni 1805, 313–316, hier 315 f.
  17. Der Wappenengel befindet sich bis heute an der Ecke Wipplingerstraße/Stoß im Himmel.
  18. Albert Camesina: Zur Wiener Geschichte, Wien 1853. Wiederabdruck des Wappens in: Karl Lind: Das Wappen der Stadt Wien. Ein Versuch, Wien 1866, Taf. 14
  19. Hugo Gerard Ströhl, Städte-Wappen von Österreich-Ungarn, Wien: Kunstverlag A. Schroll & Co 1904.
  20. Archiv der Stadt Wien, Stadtsenat, 1/7, fol. 10
  21. Seine Veröffentlichung erfolgte am 28. Februar im Landesgesetzblatt, vgl. Landesgesetz vom 13. Februar 1925, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 9/1925; der Stadtsenat hat schließlich in seiner Sitzung vom 29. April 1925 einen Durchführungserlass zum Wappengesetz genehmigt.
  22. Verordnung des Bundeskommissärs für Wien vom 15. Februar 1934, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 10/1934.
  23. Allerdings wurde diese im deutschen Wappen 1918 endgültig abgeschafft und später nicht wieder reaktiviert. Übrigens war die ottonische Reichskrone 1938 von den Nationalsozialisten aus der Wiener Schatzkammer nach Nürnberg überführt worden, um dort einen neuen, vermeintlich dauernden Aufstellungsort zu finden. 1946 wurden sie nach Wien zurückgebracht.
  24. Landesgesetz vom 14. Februar 1946, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 4/1946; während das Wappengesetz selbst nur das Wiederinkrafttreten des Gesetzes vom 13. Februar 1925 enthält, wiederholte ein Erlass der Magistratsdirektion vom 2. Juli die Durchführungsbestimmungen des Jahres 1925 fast wörtlich.
  25. Landesgesetz vom 12. Februar 1998, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 10/1998; aktuelle Fassung; Informationsdatenbank des Wiener Landtages und Gemeinderates, 8. Sitzung des Landtages vom 21.10.1997, 1402-MDBLTG (mit Beilagen)
  26. Rathauskorrespondenz vom 10.04.2019