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On products in a complex. (English) JFM 64.1265.04

Die vorliegende Arbeit gehört sachlich zu einer Reihe schon 1936 erschienener Arbeiten von Kolmogoroff, Alexander und Čech, über die in JFM 62.0671.*-674, berichtet worden ist. Es handelt sich um die Untersuchung der auf der Homologietheorie nach oben – hier Kohomologie genannt – gegründeten Multiplikation von Komplexen, für die imbesonderen ein Eindeutigkeitssatz und die nötigen Invarianzsätze bewiesen werden.
Verf. geht von Komplexen aus, wie sie von Tucker (Ann. Math., Princeton, (2) 34 (1933), 191-243; JFM 59.0555.*) untersucht worden sind. Sie bestehen aus (endlich vielen) Zellen \(\sigma _j^p\) (der obere Index bezeichnet die Dimension). Für \(\sigma _i^q\), \(\sigma _j^p\), \(q < p\), steht fest, ob \(\sigma _i^q\) Seite von \(\sigma _j^p\) ist oder nicht; jede Zelle ist Seite von sich selbst, und die Beziehung “ist Seite von” ist transitiv. Ferner ist jedem Paar \(\sigma _i^{p-1}\), \(\sigma _j^p\) eine ganze Zahl \({}^p\partial _j^i\) als Inzidenzzahl zugeordnet, und aus \({}^p\partial _j^i\neq 0\) folgt: \(\sigma _i^{p-1}\) ist Seite von \(\sigma _j^p\). Für die Berandungen \[ \partial\,A^p=\sum _{ij} \alpha _i\;{}^p\partial _i^j\;{}^p\,\sigma _j^{p-1},\quad \delta \,A^p = \sum _{ij} \alpha _i\;{}^{p+1}\partial _j^i\,\sigma _j^{p+1} \] jedes algebraischen Teilkomplexes \(A^p = \sum \alpha _i\,\sigma _i^p\) (\(\alpha _i\) Elemente einer Abelschen Gruppe) soll gelten: \(\partial\partial \,A^p=0\) oder, damit gleichbedeutend, \(\delta\delta \,A^p=0\). Den beiden Randdefinitionen entsprechen Zyklen und Kozyklen, Homologien und Kohomologien usw. – Wenn in einem solchen Komplex \(K\) außerdem jeder berandungsfähige Zyklus von \(\bar\sigma _j^p\) (\(=\) abgeschlossene Hülle von \(\sigma _j^p\)) in \(\bar\sigma _j^p\) berandet, so ist \(K\) ein Komplex, in dem eine Produkttheorie möglich ist. Diese letzte Bedingung hat nach Tucker (a. a. O.) in Verbindung mit einer weiteren (\(\delta J = 0\) für den Komplex \(J\), der aus allen \(\sigma _i^0\) von \(K\) besteht) zur Folge, daß \(K\) eine simpliziale Unterteilung zuläßt.
Wenn es gelingt, den Zellen \(\sigma _i^p\), \(\sigma _j^q\), \(\sigma _k^{p+q}\) entsprechende ganze Zahlen \({}^{pq}\varGamma _k^{ij}\) zuzuordnen, die folgenden Bedingungen genügen:


(\(\varGamma _1\))\({}^{pq}\varGamma _k^{ij}\), wenn \(\sigma _i^p\), \(\sigma _j^q\) nicht beide Seiten von \(\sigma _k^{p+q}\) sind,


(\(\varGamma _2\))\( \sum _l{}^{{}^{ p+q+1}}\partial _k^l\;{}^{pq}\varGamma _l^{ij} = \sum _l{}^{{}^{ p+1}}\partial _l^i\;{}^{p+1,q}\varGamma _k^{lj} + (-1)^p\, \sum _l{}^{{}^{ q+1}}\partial _l^j\,{}^{p,q+1}\varGamma _k^{il} \)
für alle \(p\), \(q\), \(i\), \(j\), \(k\) und


(\(\varGamma _3\))\(\sum _i{}^{{}^{ 0q}}\,\varGamma _j^{ij}=\gamma \), \(\gamma \) eine ganze Zahl, für alle \(q\) und \(j\),


so sind bei ganzzahligem Koeffizientenbereich durch \[ \sigma _i^p\smallsmile \sigma _j^q = \sum _k{}^{{}^{ pq}}\,\varGamma _k^{ij}\,\sigma _k^{p+q},\qquad \sigma _j^q\smallfrown \sigma _k^{p+q} = \sum _l{}^{{}^{ pq}}\,\varGamma _k^{lj}\,\sigma _l^p \] zwei Produktbildungen für die Zellen und, durch formales Ausmultiplizieren, für die algebraischen Komplexe von \(K\) definiert. Den Bedingungen \(\varGamma _1\) bis \(\varGamma _3\) entsprechen die folgenden Eigenschaften:


(\(P_1\))\(\sigma _i^p\smallsmile \sigma _j^q\) ist ein \((p + q)\)-dimensionaler Komplex im Durchschnitt der Sterne


\(St(\sigma _i^p) \cdot St(\sigma _j^q)\),


(\(P_2\))\(\delta (A^p\smallsmile B^q) = \delta A^p\smallsmile B^q +(-1)^p\, A^p\smallsmile \delta B^q\),


(\(P_3\))\(J\smallsmile \sigma ^q =\gamma\sigma _j^q\) für alle \(\sigma _j^q\)
bzw.

(\(Q_1\))\(\sigma _j^q\smallfrown \sigma _j^q\) ist ein \(p\)-dimensionaler Komplex in \(\overline {St(\sigma _j^q) \cdot \sigma _k^{p+q})}\),


(\(Q_2\))\(\partial (A^q\smallfrown B^{p+q}) = (-1)^p\, \delta A^q\smallfrown B^{p+q} + A^q\smallfrown \partial B^{p+q}\),


(\(Q_3\))\(J \cdot (\sigma _j^q\smallfrown \sigma _j^q)=\gamma \) für alle \(\sigma _j^q\).(Dabei ist die linke Seite als skalares Produkt

zu lesen: \((\sum \alpha _i\sigma _i^p) \cdot (\sum \beta _i\sigma _i^p) = \sum \alpha _i\beta _i\).) Der Zusammenhang zwischen den beiden mit denselben \(\varGamma \) gebildeten Produkten ist durch \((A^p\smallsmile B^q) \cdot C^{p+q} = A^p \cdot (B^q\smallfrown C^{p+q})\) gegeben.
Aus \(P_2\) und \(Q_2\) folgt, daß \(\smallfrown \) und \(\smallsmile \) eine Multiplikation der Kohomologie- und Homologieklassen definieren, und zwar derart, daß \[ \begin{matrix} \l&\l\;&\l\;\\ \text{Kohomologieklasse} &\;\smallsmile \text{Kohomologieklasse} &= \text{Kohomologieklasse}, \\ \text{Kohomologieklasse} &\;\smallfrown \text{Homologieklasse} &= \text{Homologieklasse} \end{matrix} \] wird. Das Hauptergebnis der Arbeit besagt: Für jede ganze Zahl \(\gamma \) gibt es Produkte \(\smallsmile \) und \(\smallfrown \); als Multiplikationen der Kohomologie- und Homologieklassen aufgefaßt, sind sie eindeutig bestimmt. Ferner gelten, falls \(K\) eine simpliziale Unterteilung besitzt, für die Multiplikation der Klassen (nicht der einzelnen Komplexe) die assoziativen Gesetze \[ \begin{aligned} &A \smallsmile (B \smallsmile C) \;\backsim \;(A \smallsmile B) \smallsmile C \;\;\;(A, B, C \text{ \,Kozyklen}), \\ &A \smallfrown (B \smallfrown C) \;\sim \;(A \smallsmile B) \smallfrown C \;\;\;(A, B \text{ \,Kozyklen},\;C \text{ \,Zyklus}), \end{aligned} \] (wobei \(\backsim \) kohomolog, \(\sim \) homolog bedeutet) und, wenn außerdem \(\delta J = 0\), das kommutative Gesetz \[ A^p\smallsmile B^q \;\backsim \;(-1)^{pq}\, B^q\smallsmile A^p\;\;\;(A, B\text{ \,Kozyklen}). \] Schließlich gilt die folgende Verallgemeinerung eines von H. Hopf ( J. reine angew. Math. 163 (1930), 71-88; JFM 56.0501.*) für den Schnittring von Mannigfaltigkeiten bewiesenen Satzes: \(K\) und \(K'\) seien simplizial, \(f\) der durch eine simpliziale Abbildung von \(K\) in \(K'\) bewirkte Homomorphismus der Komplexgruppen von \(K\) in die von \(K'\), \(f'\) der dazu “duale” (mit der transponierten Matrix) der Gruppen von \(K\) in \(K'\), dann gilt \[ \begin{matrix} \r\;&\l&\l\\ f'\,(A' \smallsmile B') &\;\backsim \;f'\,A' \smallsmile f'\,B'\;\;\;&\;(A', B' \text{ \,Kozyklen}), \\ f\,(f'A' \smallfrown B) &\;\sim \;A' \smallfrown fB &(A' \text{ \,Kozyklen},\;B \text{ \,Zyklus}). \end{matrix} \] Die Existenz der \(\varGamma \) wird bewiesen, indem 1) für simpliziales \(K\) und \(\gamma = 1\) beide Produkte unter Auszeichnung einer Eckenreihenfolge in \(K\) (vgl. Alexander und Čech, a. a. O.) und 2) für beliebige \(K\) und \(\gamma \) die Produkte \(\smallfrown \), durch Induktion nach \(p\), definiert werden. Die Eindeutigkeit ergibt sich so: Für \(\gamma = 0\) können die Produkte \(\smallfrown \) durch gewisse Randbildungen aus einer bilinearen Operation \(\wedge \), die \(\sigma _i^q \wedge \sigma _j^{p+q}\) einen \((p +1)\)-dimensionalen Komplex in \(\overline {St(\sigma _i^q) \cdot \sigma _j^{p+q})}\) zuordnet, gewonnen werden. Daraus folgt für Produkte \(\smallsmile \), \(\smallfrown \) und \(\smallsmile '\), \(\smallfrown '\) mit Konstanten \(\gamma \), \(\gamma '\): \[ \begin{matrix} \l&\l&\l\\ \gamma \,(A \smallfrown ' B) &\;\sim \;\gamma '\,(A \smallfrown B)\;\;\;&\;(A \text{ \,Kozyklus}, \;B\text{ \,Zyklus}), \\ \gamma \,(A \smallsmile ' B) &\;\backsim \;\gamma '\,(A \smallsmile B)\;\;\;&\;(A, B \text{ \,Kozyklen}). \end{matrix} \] Die übrigen Sätze folgen im wesentlichen aus der speziellen Konstruktion für eine simpliziale Unterteilung von \(K\) und dem Zusammenhang zwischen Produkten mit verschiedenen \(\gamma \), das kommutative Gesetz aus dem Eindeutigkeitssatz durch Vergleichen von \(A^p \smallsmile B^q\) und \((-1)^{pq}\,B^q \smallsmile A^p\).
Benutzt man für die Bildung der Homologieklassen eine Abelsche Gruppe \(G\), für die Kohomologien die Gruppe \(H = \text{Ch}_GG\) der Homomorphismen von \(G\) in sich, so lassen sich, unter Benutzung der früheren \(\varGamma \), Produkte durch \[ h\sigma _i^q \smallsmile h'\,\sigma _j^q = \sum _k{}^{{}^{ pq}} \varGamma _k^{ij} \,hh'\,\sigma _k^{p+q},\;\;\;h\sigma _j^q \smallfrown g\sigma _k^{p+q} = \sum _l{}^{{}^{ pq}} \varGamma _k^{lj}h \cdot g\sigma _l^p \] definieren (\(h \cdot g\) steht für \(h (g)\)). In diesem Falle muß man, um eine eindeutige Zuordnung von \(\smallsmile \) und \(\smallfrown \) bei gleichem \(\gamma \) und damit den vollen Eindeutigkeitssatz zu erhalten, von \(H\) voraussetzen, daß es, außer \(\varphi (h) = 0\) für alle \(h\), keinen Homomorphismus \(\varphi \) von \(H\) in \(G\) gibt, bei dem \(\varphi (1) = 0\) wird.
Die Beweise für die kombinatorische und topologische Invarianz folgen im wesentlichen den aus der Homologietheorie bekannten. In dem Kapitel über Mannigfaltigkeiten, das den Poincaréschen Dualitätssatz, die Beziehungen der Produkte zur Schnittheorie und die Existenz zueinander dualer Basen behandelt, benutzt Verf., im Gegensatz zu Čech (a. a. O.), zueinander duale Komplexe.
Im topologischen Produkt \(K_1\times K_2\) zweier Komplexe können die Produkte \(\smallfrown \) und \(\smallsmile \) auf die entsprechenden Bildungen in \(K_1\) und \(K_2\) zurückgeführt werden. Auf Grund der oben erwähnten Verallgemeinerung eines Satzes von H. Hopf wird folgender, zum Teil ebenfalls von Hopf herrührender Satz bewiesen: Es sei \(M^p\) eine geschlossene orientierbare \(p\)-dimensionale Mannigfaltigkeit, \(S^q\) eine \(q\)-dimensionale Sphäre, \(K^{p+q}=M^p\times S^q\), und \(f\) eine simpliziale Abbildung von \(K^{p+q}\) in einen Komplex \(K'\); dabei sei \(f(K^{p+q})\sim 0\). Dann gilt 1) falls \(q> p\) oder \(q = p\) gerade: entweder \(f(M^p \times s)\sim 0\) oder \(f(m\times S^q)\sim 0\) (\(m\), \(s\) Punkte von \(M^p\), \(S^q\)), 2) falls \(q = p\) ungerade: von den Zyklen \(f(M^p\times s)\), \(f(m\times S^q)\) ist einer einem Vielfachen des anderen homolog. (Koeffizientenbereich: reelle oder rationale Zahlen.) Folgerung: Bei jeder Abbildung von \(S^n\times S^n\) auf einen weniger als \(2n\)-dimensionalen Komplex wird das Bild von \(s\times S^n\) oder \(S^n\times s\) homolog null.
Von den im Anhang bewiesenen Einzelergebnissen sei das folgende ausgeführt: Bei rationalem oder reellem Koeffizientenbereich läßt sich jeder \(p\)-dimensionale Komplex eindeutig als Summe \(\partial\,A^{p+1}+B^p\), \(B^p\) Kozyklus, oder auch als \(\delta\,A^{p-1}+B^p\), \(B^p\) Zyklus, darstellen.

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