Clear (Scientology)

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Clear bezeichnet eine Stufe im Konzept von Scientology.[1][2][3] Dieses geht auf das Buch Dianetik – der Leitfaden für den Verstand (im engl. Original: Dianetics: The Modern Science of Mental Health) von L. Ron Hubbard zurück, das dieser 1950 verfasst hat.[1][4]

Als Ziel der dianetischen Therapie[5] postulierte Hubbard dabei einen sogenannten Clear, dessen Verstand als gereinigt zu betrachten und der als gesund einzustufen war.[1][6][7]

Beschreibung

Die Stufe Clear referiert mit der von L. Ron Hubbard präsentierten Zweiteilung des Verstandes, nach der dieser aus einem sogenannten analytischen (Analytical Mind) und einem reaktiven Teil (Reactive Mind) bestehen soll.[8] Im analytischen Teil war nach ihm alles Rationelle und Logische und er beschrieb diesen als „fehlerfreien Computer“.[8] Als reaktiven Verstand bezeichnete er etwas, dessen Inhalt aus einer Vielzahl von Erinnerungsspuren, die Momente des Schmerzes, der Bewusstlosigkeit und des Verlustes beinhalteten, bestand. [8] Diese Fehlfunktionen, die Hubbard als Engramme bezeichnete, sollten mit dem Dianetik-Auditing beseitigt werden.[8]

Das Auditing selbst bestand aus einem Frage- und Antwortablauf, bei dem die fragende Person die zu befragende Person in eine Rêverie versetzte.[8] Während der Fragesteller bei Scientology als Auditor bezeichnet wird, heißt der Befragte Pre-Clear (PC).[8] Anfangs wurden beim Auditing keine Hilfsmittel eingesetzt, ab 1952 kam ein Psycho-Galvanometer von Volney Mathison zum Einsatz, das den Hautwiderstand anzeigte und ähnlich der frühen Form eines Lügendetektors funktionierte.[9]

L. Ron Hubbard, der selbst ausgebildeter Hypnotiseur war[8][10], beschrieb das Dianetik-Verfahren wie folgt:

„1. Versichern Sie dem Patienten, dass er über alles, was geschieht Bescheid wissen wird. 2. Zählen Sie, bis er die Augen schließt, 3. Richten sie den Löscher ein. 4. Senden Sie den Patienten in einen Zeitabschnitt der Vergangenheit zurück. 5. Arbeiten Sie mit dem Archivar, um Daten zu erhalten. 6. Reduzieren Sie alle berührten Engramme, sodass keine Ladung [negative Aufladung] verbleibt. 7. Bringen Sie den Patienten in die Gegenwart. 8. Vergewissern Sie sich, dass er in der Gegenwart ist. 9. Geben Sie ihm das Löscherwort. 10. Stellen Sie volles Bewusstsein seiner Umgebung wieder her.[11]

Der Zustand Clear war gemäß Hubbard in dem Moment gegeben, sobald keine Engramme mehr lokalisierbar waren.[8] Den erreichten Zustand beschrieb er, dass die jeweilige Person die Welt und sich selbst auf völlig neue Art und Weise sehen würde.[12] Neben einem gestiegenen IQ würde sie über eine optimale Gesundheit und entsprechendes Wohlbefinden verfügen.[12]

Die ersten Clears

Am 10. August 1950 präsentierte L. Ron Hubbard mit Sonia Bianca den ersten Clear im Shrine Auditorium in Los Angeles.[13][14] Diese konnte im Verlauf der Veranstaltung keinen Beleg für die von Hubbard angekündigten Merkmale vorweisen bzw. belegen.[13][14]

Als ersten „tatsächlichen“ Clear stellte Hubbard im Jahr 1966 den südafrikanischen Medizinstudenten John McMaster vor.[15] Im November 1969 wandte sich dieser von der Scientology-Kirche ab.[16]

Kritik

Im Vorfeld seines Clear-Konzeptes schrieb L. Ron Hubbard im April 1949 die American Psychological Association an, um sich als Fachmann vorzustellen, der bedeutende wissenschaftliche Fortschritte erzielt hätte.[17] Hubbard hatte geschrieben, dass Patienten, die in einen Trancezustand versetzt worden waren, sich an ihre Geburt erinnern und in weiterer Folge psychosomatische Störungen behoben werden konnten, die durch diese verursacht worden waren. „Migräne, Kopfschmerzen, Magengeschwüre, Asthma, Sinusitis und Arthritis zählen zu den Krankheiten, die geheilt wurden“, führte Hubbard an.[17] Der American Psychiatric Association schrieb er einen ähnlich lautenden Brief.[17]

Experten der beiden Fachverbände untersuchten die Techniken und angeblichen Ergebnisse Hubbards und konnten in keinem der Fälle eine messbare Verbesserung des Gesundheitszustandes feststellen.[17]

Für Erich Fromm, einem Vordenker der Psychoanalyse, war Hubbards Konzept „trotz [seines] phantastischen Anspruchs […], abgesehen von neuen Worten für eine Mixtur aus Missverständnissen, verworrenem Freudianismus und hypnotischen Regressionsexperimenten" wissenschaftlich nicht fundiert.[7] Er hielt es für „alarmierend“.[7]

Einzelnachweise

  1. a b c Janet Reiman: Inside Scientology – The Story of America’s most Secretive Religion, Hougthon Mifflin Harcourt, Boston-New York, 2011, S 22 – 30
  2. Russel Miller: Bare-Face Messiah - The True Story of L. Ron Hubbard, Silvertail Books, London, 2014, Kapitel 9
  3. Gerald Willms: Scientology: Kulturbeobachtungen jenseits der Devianz, transcript, Bielefeld 2005, S. 27
  4. Lawrence Wright: Im Gefängnis des Glaubens, DVA, München, 2013, S. 101-104
  5. Linus Hauser: Scientology- Geburt eines Imperiums, Ferdinand Schöningh, Paderborn-München-Wien-Zürch, S. 52
  6. Hugh Urban: The Church of Scientology – A History of a New Religion, Princeton University Press, Princeton, New Jersey, 2011, S. 42 – 48
  7. a b c Erich Fromm: For Seekers of Prefabricated Happiness. In: New York Herald Tribune Book Review, 3. September 1950
  8. a b c d e f g h Hugh Urban: The Church of Scientology – A History of a New Religion, Princeton University Press, Princeton, New Jersey, 2011, S. 46
  9. Hugh Urban: The Church of Scientology – A History of a New Religion, Princeton University Press, Princeton, New Jersey, 2011, S. 49
  10. Russel Miller: Bare-Faced Messiah - The True Story of L. Ron Hubbard, Silvertail Books, London, 2014
  11. L. Ron Hubbard: Dianetik – Der Leitfaden für den menschlichen Verstand (Dianetics: The Modern Science of Mental Health) New Era Publ., Kopenhagen, 1950, 2003, S. 262
  12. a b Hugh Urban: The Church of Scientology – A History of a New Religion, Princeton University Press, Princeton, New Jersey, 2011, S. 47
  13. a b Lawrence Wright: Im Gefängnis des Glaubens, DVA, München, 2013, S. 113
  14. a b Russel Miller: Bare-Faced Messiah - The True Story of L. Ron Hubbard, Silvertail Books, London, 2014, Kapitel 10
  15. Russel Miller: Bare-Faced Messiah - The True Story of L. Ron Hubbard, Silvertail Books, London, 2014, Kapitel 15
  16. Jon Atack: A Piece of Blue Sky – Hubbard, Dianetics and Scientology, Trentvalley Ltd, UK, 2013, S. 158
  17. a b c d Lawrence Wright: Im Gefängnis des Glaubens, DVA, München, 2013, S. 111